Samstag, 9. November 2019

Muss ich wirklich Geld ausgeben für eine Anleitung, die ich nur einmal nacharbeite?

Kann ich das nicht auch ohne irgendwie hinwurschteln?

Kurz gesagt: Bestimmt. Irgendwie. Oder ich finde was ähnliches im Internet.

Warum dann also kaufen?

Bestimmt ist nicht sicher. Hinwurschteln heißt auch, ich muss erstmal rumprobieren. Heißt, ich muss mir Gedanken machen, wie ist das gemacht? Passendes Material habe ich meist schon im Hinterkopf, aber kann ich das auch nehmen? Also schnappe ich mir Nadeln und mein Material und fange an. Der Frust kommt eigentlich ziemlich schnell, wenn sich herausstellt, dass es so eben nicht geht. Dass ich fix mal ne halbe Stunde oder mehr in irgendwas gesteckt habe, dass ich wieder aufribbeln muss.

Mit ein bisschen Glück bekommt ich es dann "irgendwie" doch hin. Es schaut so aus, wie das, was ich gefunden habe und keiner merkt es. Aber ich habe so einen kleinen Teufel 😈 auf einer Schulter sitzen, der mir sagt: Du weißt aber schon, dass es nicht wirklich DAS ist!?  Dann seufze ich innerlich und lege es auf die Waage: langt mir das so, dass es so ähnlich aussieht? Aber eigentlich ist mir ja diese Anleitung aufgefallen, weil sie genau so, wie ist, gefallen hat. Sehr gut gefallen hat.

Dann bleibt immer noch die weite Welt des Internets. Da muss sich doch was ähnliches finden lassen! Vielleicht sogar das gleiche? Wieder muss ich erheblich Zeit investieren, um mit den richtigen Suchbegriffen fündig zu werden. Vertrödele Zeit, weil ich mit falschen Begriffen was komplett anderes finde, dass mich wieder so ablenkt, dass ich mein eigentliches Ziel aus den Augen verliere...

Irgendwann nähere ich mich meinem Suchobjekt. Es hat wirklich jemand schonmal nachgearbeitet und x-Bilder in mieser Qualität dazugelegt. Die nächste Ernüchterung folgt auf dem Fuß. Die Beschreibung ist auf russisch oder chinesisch, oder anderweitig asiatisch. Und natürlich liegt es dort als eingescanntes Bild, also nix mit Text kopieren und durch den Übersetzer jagen!

Und dann bin ich soweit, zu überlegen: muss ich mir das wirklich antun? Was kostet die Originalanleitung? Die meisten sind gar nicht sooo teuer, dass man sich das nicht leisten kann. Man bezahlt online, kann die Anleitung runterladen und auf jedem Gerät verwenden und eigentlich direkt loslegen. Das ist in den meisten Fällen in 5 Minuten erledigt.

Ja, es gibt Ausnahmen. Wie mein grauer Harley Pullover, den ich aus Pommernwolle gestrickt habe. Eine Onlineanleitung, die man am Ende der Bestellaktion downloaden kann, wenn man den Link dazu geschickt bekommen hat. Kann nicht "nach Deutschland geliefert werden" kam da, bevor ich senden drücken konnte! Hä? Ich dachte echt, ich lese nicht richtig! Allerdings war der Support mit Rücksichtnahme auf die Zeitverschiebung sehr fix und hilfreich, denn man muss als Lieferadresse einfach nur eine Adresse in den USA eingeben. Freundlicherweise bekommt man auch gleich eine, die man dafür verwenden kann. Im Nachhinein habe ich darüber den Kopf geschüttelt und es hingenommen. Das Problem war ja gelöst. Aber es ist auch schon lustig, wie klein Sichtweisen mancher Firmen sind.

Warum verschwende ich nun Zeit, um mir über sowas Gedanken zu machen?
Eine ganz einfache geometrische Form ist schuld.

https://www.ravelry.com/patterns/library/skep-4
Das schaut doch so simpel aus, dass man es nur nachstricken braucht!
Ich liebe geometrische Formen aller Art, regelmäßige und unregelmäßige, symmetrisch, oder sich anderweitig wiederholend.

Dass es soo einfach nicht geht, wusste ich im Prinzip schon von vornherein, da die Zunahmen in jedem Segment einen 90° Winkel ergeben, wenn man kraus rechts strickt.
Ich könnte jetzt noch ein bissel rumprobieren, in welcher Reihe ich wie viele Maschen zunehmen muss. Aber dafür müsste ich noch einmal ein mindestens so großes Stück stricken (wenn ich denn mit meiner Vermutung/Berechnung richtig liege), um zu prüfen, ob ich wirklich recht habe. Erst dann kann ich mit dem eigentlichen ersten Teil anfangen. Dieses hat mich eine halbe Stunde gekostet. Also eine weiter halbe Stunde, nur um zu sehen, dass es passt, oder mehr, wenn eben nicht.
Der Preis der Anleitung beträgt um die 5 Englische Pfund und ja, mir gefällt es. Aber meine Gedanken gehen schon weiter und ich überlege, was willst Du daraus machen? Noch eine Sofadecke brauche ich wirklich nicht. Auch mit der Anleitung, wie es "richtig" geht, braucht so ein Sechseck sicher eine Stunde. Wenn also nicht für mich, dann für jemand anderen? Aber dieser Zeitaufwand wäre schon ein ganz schön großes Geschenk! Als Verkaufsobjekt kommt es nicht infrage. Denn wer bezahlt einem schon das, was es wert wäre? Die meisten schütteln schon den Kopf, wenn man sagt, was der reine Materialwert ist, denn die Wolle gibt es nicht für umsonst.

Ich werde mir diese Anleitung nicht gönnen, ich freue mich an den Bildern davon und lasse meine Gedanken weiter über die Geometrien wandern.

Muss ich nun Geld ausgeben für so eine Anleitung? Muss ich nicht, ich kann wertvolle Zeit auch gut verschwenden. Aber ich habe aufgehört, zu brummeln, wenn jemand für seine Arbeit einen Lohn haben will und bezahle ihn, wenn ich sein Produkt haben möchte. Ich ziehe den Hut vor allen Designern, die ihre Anleitungen kostenlos zur Verfügung stellen, da ich weiß, dass da richtig viel Arbeit drinsteckt. Und das Aufschreiben ist dabei das wenigste. 

Der Engel 😇 auf meiner anderen Schulter zupft mich am Ohr und flüstert: Gut gemacht! Es braucht nicht immer ein Dankeschön von jemandem. Mir reicht es auch, dass ich mir auf die Schulter klopfe 😉