Montag, 23. April 2018

"Wir wollen Wolle spielen!"...

... war meine Startbegründung für ein freies Wochenende bei Irina. Ein bisschen nachhelfen musste ich dann noch, aber es war ziemlich schnell "genehmigt". Reichlich hibbelig vor Ungeduld habe ich auch am Freitag recht zeitig Feierabend gemacht und bin losgedüst. Mit der Warnung über die vielen Blitzer im Gepäck. Ich gestehe, ich habe keinen gesehen, war auch nicht notwendig, es gab genug Baustellen und Staus. Und trotzdem bin ich schon halb zwei angekommen.

Ich will es gleich vorab sagen: Wolle spielen kam reichlich zu kurz. Aber mit den Wollträgern haben wir viel Zeit verbracht 🐑

Der Freitag nachmittag ging es gemütlich los mit Kaffee trinken bei den Schafen. Ich hatte kaum einen Fuß über den Zaun gesetzt, sind sie davon gerannt, wie die wilde Horde. Gute Schafe, ich könnte ja ein Feind sein. Also kein romantisches Bild von Schafen, die meinen Kaffee wollen.

das Gehege der Jungs...

Der Plan für den nächsten Tag war, die Schafe auf die Weide zu bringen. Da hatte ich richtig Glück, dass sie noch auf mich gewartet haben. Aber vorher mussten zwei noch ihr Fell lassen, nämlich die beiden Dörtherichse, benannt nach ihrer Mutter Dörthe...

Keine leichte Aufgabe, denn alle beide sind kitzlig und kräftig. Eine Kombination, die viel Konzentration verlangt, wenn man nicht aus Versehen daneben schneiden will. 

Ich habe mir zwei Büschelchen Fell gemopst und weil ich wieder lange Haare rausschauen sehe, muss ich probehalber dran ziehen, ob sie sich trennen lassen. Geht gut, und wenn auch hier die Unterwolle weich und das Deckhaar "derb" ist, wäre die weiche Ausbeute vom Verhältnis her beachtlich. 

Mit Hand- und Elektroschere hat es bei beiden nach harter Arbeit geklappt. 

Damit sie nicht dazwischen springen, durfte ich zwischendurch die anderen Schafe ein bisschen vom Zuschauen abhalten und mit einer Büchse Leckerli in der Hand rennt auf einmal niemand mehr vor dem Fremdling weg. Auf einmal werde ich bedrängt, wie eine heiß vermisste Freundin. 😉😇
Als die Büchse alle ist, sind auch alle wieder weg, nur Dörthe die Gute bleibt an meiner Seite und lässt sich knuddeln. Leider hat sie ihr Fell schon etwas eher abgeben müssen, so dass im Fell wurschteln eher drüberstreichen war. Aber das hat ihr sehr gut gefallen. Na, und mir natürlich auch. 

Das Scheren hat nicht nur anstrengend ausgesehen, das war es auch. Das Fell war ziemlich lang, weshalb es auch jetzt schon runter musste, denn es war die ganze Woche sehr warm und auch an diesem Wochenende richtig heiß. 

Tatsächlich habe ich kein Bild von Dörthe gemacht. 🤔 Sowas aber auch! Da muss ich mal borgen gehen! 

Dörthe, noch in voller Pracht. Schaut sie nicht super lieb aus?

Anders als bei Dörthe und den Dörtherichsen haben Shetlandschafe noch was behalten, das natürlicher Fellwechsel heißt. Dort fällt das Fell nicht einfach runter, aber es löst sich richtig leicht (nicht immer und nicht an allen Stellen und schon gar nicht auf einmal) Aber man kann dort nachhelfen und das Fell raufen, also quasi mit der Hand über der Haut hineinfahren und versuchen, es mit der Hand rauszukämmen. Das kann dann schonmal so aussehen. 
Nach einer Weile bin ich den anderen Schafen auch ein bisschen weniger fremd. Sie kommen zwar nicht angerannt, rennen aber auch nicht mehr weg. Und manchmal kommen sie nah genug an mir vorbei, damit ich ihnen durchs Fell fahren kann, grade so nur mit den Fingerspitzen. Aber neugierig an den Fingern schnuppern geht immer. Es könnte ja wieder was zu naschen drin sein.


Eine Ohrmarke muss ersetzt werden.
Die diesjährigen Mamis Gan Ainm und Happy, jede hat ein dunkelbraunes und ein rostbraunes Lamm. Ich finde es kurios, dass die Lämmer (für mich) so gleich aussehen, während die Mütter die Farbverteilung entgegengesetzt haben. Und natürlich kann ich nur die hellen auseinander halten, weil eines einen weißeren Kopf hat, als das andere. 

Der Rest des Tages waren wir dann dabei, darüber zu schwatzen, wie man welche Wolle am besten verwurschtelt. Was kann man machen und wie. Ich hatte ein bisschen was zusammengepackt zum spielen...
Wir haben auch mal in der Box gekramt und ein bisschen was ausgepackt, aber außer ein paar Reihen am Shetland Schal zu stricken, haben wir nix gehandarbeitet. Ich habe Wollkämme ausprobiert und bin wider Erwarten recht gut damit zurecht gekommen. Ich denke, dass ich damit wieder etwas gefunden habe, das mir eine Alternative bietet, wenn ich einmal mehr nicht weiß, wie ich eine Faser spinnen soll. Ein Paar für mich sind schon auf dem Weg 😍

Sehr spät ins Bett und früh wieder auf, gibt es ein freundliches Guten Morgen... ein Gruß, den ich gleich nach Hause schicke. 

Heute kommen die Mädels auf die Weide. Dafür werden sie in zwei Portionen auf einen Hänger geladen und auf der Weide wieder raus gelassen. Bei der ersten Runde hatte ich mal wieder keinen Fotoapparat dabei. Es ging aber auch relativ leicht, alle sind brav in Richtung Umzäunung gelaufen.

Die zweite Fahrt war dann schon kniffliger. Es waren schon Schafe da und auch die Lämmer hatten wir in einer Transportbox dabei.

  
Swift hat einen guten Job gemacht und wurde auch dafür gelobt, ich hab nur zu schnell ausgeschaltet. Die Zäune sind alle gut verschlossen, will man rein oder raus, wird meist nur darüber gestiegen. Habe ich lange nicht gemacht, aber bei jedem Mal ging mir durch den Kopf: "♪... nehmen Sie hoch das Bein, treten Sie ein...♫"

Die Dörtherichse sind recht nackich, so dass man tatsächlich ein bisschen Haut sieht. Der Sonnenschutz ist noch nicht aufgebaut, schatten recht wenig und die Sonne brennt. Also versuche ich (auf Anweisung), den beiden ein bisschen Sonnencreme zu verpassen. Aber auf der großen Weide ist alles wieder vergessen und es wird erstmal vor mir geflüchtet. Ich wusste ja schon immer, dass meine Arme zu kurz sind! 😂

 Den Schattenspender aufzustellen ging eigentlich recht problemlos und Dörthe wurde als erstes angestiftet, es auszuprobieren.

Hat sie auch prompt getan. Die anderen mussten mal wieder überredet werden. Da ich wohl wieder mehr Schaden als Nutzen gebracht hätte, habe ich oben gewartet und alles beobachtet.



Als sie es endlich entdeckt haben, hat es noch ein bisschen gedauert, aber dann waren alle zufrieden. Lämmies bei den Mammies. Oben drauf liegt es sich immer noch am Besten.


Auch am zweiten Abend haben wir nix handarbeitliches mehr gemacht, aber auch wieder intensiv darüber geschwatzt, diesmal bei einem angenehmen Lagerfeuer. Für und Wider der verschiedenen Meinungen diskutiert, aus den Gruppen, denen wir beide angehören und auch viel über Schafe. Aber auch ohne das war es ein Super Wochenende. Ich habe mal wieder viel gelernt, gesehen und Entspannung gespeichert, dass ich ein Weilchen davon zehren kann.
Mitten in Deutschland zu wohnen und sich trotzdem irgendwo im Nirgendwo zu befinden, weil alle anderen immer gleich mal mehrere 100km weit weg wohnen, macht einsames Handarbeiten. So ein Wochenende regt die Phantasie wieder an, auch mal was weiterzumachen, dass irgendwie in Vergessenheit geraten ist aus irgendwelchen Gründen.

Liebe Irina, vielen Dank für das tolle Wochenende!!! 😘

Cookie is waiting to weave 😉







Samstag, 14. April 2018

Skudde...

... ist die kleinste deutsche Schafrasse und damit erschöpft sich mein Fachwissen auch schon. Alles andere ist eher optisch. Sie haben coole Hörner und tolle Farben, was nun nicht grade eine gute korrekte Rassebeschreibung ist. Wer mehr zum Schaf wissen will, kann es bei Irina nachlesen.

Ich habe mich diese Woche auf die Wolle von einem der "Zwerge" gestürzt. Was ich davon im Kopf habe (weil überall ein bisschen zusammengelesen), ist: derb, schwierig, nicht grade die schönste Wolle.

Das ist meine gewaschene Probe... ich dachte die ganze Zeit, es ist von Irina, aber ich habe es wohl woanders her. Dann kann ich ja auch ohne schlechtes Gewissen sagen, es hat eine recht feste Schnittseite, nicht verfilzt, aber eine gute Basis dafür.

Wenn man über die Unterseite streicht, hat man das Gefühl einem Kurzhaarschnitt gegen den Strich zu bürsten und man sieht es dann auch, etwas leicht graues. Die Spitzen sind leicht verklebt.
Ich habe gelesen, wenn man es trennt, wie Island, wäre die Unterwolle sehr schön. Mit den verklebten Spitzen kann ich das vergessen.

Also habe ich meine Blending-board-Bürste genommen und die Spitzen schön aufgekämmmt. Auch mal über die Unterseite gestrichen, was ja bei meinem Kratze-Pommern richtig viel von den schwarzen kurzen Haaren entfernt hat. Nun fasst es sich rundum schön weich an ♥

Ein Löckchen entnommen und ich bin hin und weg. Es ist wieder Haferflocke 😍
... und um die 20cm lang... und ich habe das gleiche Problem, wie beim Bergschaf von Ingo: was, bitte, soll ich hier trennen? Sicher, ein bissel was ginge schon, aber lohnt sich das wirklich? Davon abgesehen, ist das lange oben seidenweich! Ich glaube, das probiere ich mal so.

So recht komme ich mit diesen langen Locken aufgestapelt beim Spinnen nicht zurecht 🤔 Es verwurschtelt sich und macht in die glatten Fasern Knötchen. Nene, das will ich nicht! Eine andere Lösung muss her. Trommelkarde kommt nicht in Frage, dafür müssen die Fasern locker sein.
Meine neueste Erkenntnis, aus den Handkarden die Fasern zu einem Kammzug zu machen, ist auch nicht gut. Dafür müsste ich sie auch über die Bürsten legen und erstmal kämmen, dazu bräuchte ich wieder lockere Locken... Aber das Öffnen der Spitzen mit der kleinen Bürste hat mich auf eine Idee gebracht.

Es gibt etwas, das heißt "Russian Paddels" Im Prinzip sind das zwei Wollkämme, mit denen man die Wolle kämmt, und wenn sie spinnfertig ist, werden die Fasern nicht durch ein Loch zu einem Kammzug gezogen, sondern man spinnt sie gleich aus dem Kamm heraus. Kämmen will ich nicht extra noch, aber ich habe die Spitzen schön aufgelockert und unten an der Schnittseiten hängen sie noch fest. Warum also nicht an den Spitzen zupfen und die Faser gleich von dort spinnen? Zum Trennen muss ich ganz schön kräftig ziehen, dann kann ich doch die Fasern auch gleich so spinnen. Mit ein bisschen Glück bleibt die Stoppelseite übrig. 😉

Der Anspinntest zeigt, es könnte funktionieren, aber das ganze Stück Vlies ist zu groß. Es ist doch noch einiges an Futterresten drin, dass eigentlich nach untern fallen soll, sich so aber im restlichen Vlies fängt. Also habe ich ein Stück abgetrennt und dort alle Spitzen gekämmt.

das ist beim auskämmen an "Müll" angefallen
Irgendwann merke ich, dass es doch einen Unterschied gibt zwischen den langen glatten Deckhaaren und dem weichen Unterfell. Aber da keines von beiden stichelt, ist es für das Muster erstmal egal. Die langen Haare bringen ein schönes cremeweiß, die Unterwolle die Haferflockenfarbe.
Beides zusammen eine tolle Farbmischung!


Alle langen Fasern sind rausgesponnen, das ist noch übrig.

Das verteile ich auf den Handkarden und bürste schön langsam von einer Bürste auf die andere und wieder zurück... und wieder hin und zurück. Bis es schön gleichmäßig aussieht.

Ich habe das diese Woche auch schon mit der Pommernwolle gemacht und hatte ein richtig tolles Ergebnis. Wenn die Bürste voll ist schnappe ich mir an der linken oberen Ecke ein Büschel mit Fasern und ziehe sie vorsichtig heraus, ohne sie komplett abzureißen. Beim Ziehen greife ich immer wieder nach, um wieder ein paar den nächsten Fasern mit in den "Zug" zu bekommen. Dabei das Ganze nach unten drücken, damit die Fasern durch die Zinken gezogen werden und nicht darüber hinweg rutschen. Wenn ich auf der rechten Seite angekommen bin, sollten keine Fasern mehr aus der Bürste rausschauen. Alles, was nun noch in der Bürste steckt, ist wahrscheinlich zu kurz, um daraus einen anständigen Faden spinnen zu können. Die herausgezogenen Fasern lassen sich zu einer lockeren Rolle zusammendrehen und man bekommt einen schönen dekorativen Fluff.
... ich hab da mal was vorbereitet... (es gibt garantiert noch genug andere Videos 😉 )

Bei meiner Skudde nun schaut das Ganze so aus. Und wie ich auch schon beim Pommern gemerkt habe, lässt sich das anders spinnen, als aus dem Vlies. Allerdings auch sehr schön gleichmäßig.

Der linke Zentimeter ist das aus dem Zug gesponnene. So schön, wie es ist, aber das hin und herkämmen der Fasern mischt diese auch kräftig durch. Nicht so sehr, dass es einen einheitliche Farbe gibt, aber doch schon weniger farbgetrennt.
 ...ins Knäuel gewickelt, damit ich es zwirnen kann
Und das fertige Garn. Es sind ganze 16g (vor dem Entspannungsbad) und 75m. Wenn ich es auf Sockengarn hochrechne, komme ich tatsächlich auf diese Stärke +/- ein paar Meter.

Die Fasern haben keinen Crimp (kleine Löckchen), das Garn ist also nicht wirklich elastisch. Meine Strickprobe wird einmal mehr ein Schäfchen werden... 🐑 genau wie aus den letzten...
Die aktuelle Herde, aus der schon ein Schäfchen ausgebüxt ist. Gan Ainm ganz rechts ist einfach nach Hause gegangen...

Inzwischen bin ich bei einer Kopfform, die wieder an ein Lamm erinnert, als an ein langnasiges, erwachsenes Schaf. Beim Fell habe ich etwas gefunden, das gleich mitgestrickt wird, aber da muss ich vielleicht auch noch ein bisschen "optimieren" Die Prototypen bleiben auf jeden Fall, wie sie sind. Der Graue im Hintergrund hat übrigens einen Kardenzug als Sari umgelegt 😂