Samstag, 22. Februar 2020

Wie entsteht eine Mütze?

Nun, indem man sich Wolle schnappt, eine Anleitung, Nadeln und loslegt.

Aber warum nun gleich ein ganzes Strickpaket? Eine ordentliche Hausfrau hat hat doch alles da. Warum noch ne Stricknadel und noch mehr Zubehör? Ich gestehe, ich kaufe Stricknadeln im 3er, oder sogar 5er-Pack... von einer Art und Größe! Ja, ich habe genug Nadeln, aber ich kann drauf warten, dass genau DIE Nadel, die ich gerade brauche, nirgendwo zu finden ist. 😯😆 Der andere Gedanke ist, dass man irgendwo unterwegs ist, sieht was Hübsches zum Stricken, aber anstatt unterwegs erst alles Passende zusammenzukaufen, steckt alles schon im Sack. Und die dritte Idee: ein Mitbringsel von jemandem, der in dieser Gegend ist und einem anderen ein Geschenk mitbringen will, an dem derjenige länger Freude hat, als nur so lange, wie es dauert, es auszupacken.

Damit haben wir also einen Grund. Das Einfachste ist also erledigt. Aber nur die Idee ist etwas mager. Es muss auch noch was reingepackt werden in das Säckel. Eine Anleitung von jemand anderem geht nicht. Auch, wenn sie kostenlos wäre, gibt es immer noch das Urheberrecht. Man müsste die Erlaubnis einholen, diese Anleitung in der Art verwenden zu dürfen. Viele Anleitungen darf man privat verwenden und dürfte sie vielleicht auch kostenlos verbreiten. Aber sobald das in einem Päckchen steckt, das verkauft wird, ist die Anleitung Teil davon und dann wird es wieder schwierig. Nur den Sack und einen Link, wo man die Anleitung herbekommt? Dann ist der Charakter des Komplett-Sorglos-Pakets dahin...

Es muss also was "Eigenes" her! Leichter gesagt, als getan. Wo kriegt man Ideen her?
Und dann kommt Irina und sagt: Mensch, wir haben hier umme Ecke, in Ostsachsen, einen Woll-Lieferanten. Die haben Wolle, die hier gewachsen ist, aus kontrolliert biologischer Tierhaltung (kbt), die bezahlbar ist und die auch noch was taugt. Da muss man doch was mit machen können?
Sie zeigt mir ihre Mützensammlung und abgesehen, von den schönen Mustern sind eben auch welche dabei aus der Drutschmann-Wolle.

Ok, wir haben eine Idee, wir haben eine Wolle. Aber was machen wir? Na ja, das Päckchen soll ja auf die Region aufmerksam machen. Was gibt es, dass man mit Ostsachsen in Verbindung bringt? Mir fällt da spontan mal NICHTS ein. Nein, nicht das es dort Nichts gibt (auch wenn wir ja nüscht hatten), sondern es fällt mir nichts ein, dass mich gezielt daran denken lässt. Da muss man schon ein bisschen genauer in die Regionen anschauen, die es dort so gibt. Da sind z.B. die Sorben gleich nebenan.

Was gibt es noch aus dieser Gegend? Bunzlauer Porzellan. Ein Motiv aus diesem Geschirr ist der Bunzlauer Karpfen. Die vorherrschenden Farben bei Bunzlauer sind dunkelblau, weiß und rote Tupfer. Damit hatte ich schon einmal die Grundfarben. Stricktechnisch ist es wieder mit dem Motiv, es gibt nicht soo viele regionale Eigenheiten, denen man genau zuordnen könnte, wo sie her sind. Einen Shetland- Norweger- oder Islandpullover erkennt man sofort an der Strickart und dem Muster. Es gibt schon ein bisschen was regionaltypisches in Deutschland. Zopfmuster in Bayern, auf Socken und Dirndln und im Janker. Aber dass es z.B. spezielle Muster gibt, so wie die Aranmuster den Clans in Schottland zugeordnet sind, sowas kenne ich nicht. Wir wollen also was regionales mit etwas Internationalem verbinden. Muster und Garn aus der Region, die Machart (in diesem Fall) aus Shetland, Fair Isle.

Ich bastele also an dem Karpfen, bis Irina sagt: der Karpfen kann so oder so aussehen. Einmal platt wie ne Flunder, dann wieder schlank, wie ein Hecht. 😯 Ja, und nun? Alles für umsonst?
zu groß
immer noch zu groß


Dann finden wir Bilder von Bunzlauer Keramik. Die Nachbarin hat einige auf dem Schrank stehen. Und damit fängt dann die Malerei an. Nicht mehr als 2 Farben pro Runde sollen es sein. Maschen teilbar durch x. Symmetrisch, geometrisch... aaah, ich bin in meinem Element!
Und mittendrin im brainstorming: wie würde ein Minimalfisch aussehen? Also ein Fisch mit so wenig Maschen, wie möglich, damit er noch als Fisch erkennbar ist?
Als Fisch erkennbar, aber irgendwie
doch sehr klein
Während einer Dienstreise, bei der ich viel warten musste, habe ich dann Papier und Stift genommen und rumprobiert und endlich hatten wir es! Ja, so gehts!
Schnell ein Bild machen, bevor das Papier im Nirvana meiner Tasche verschwindet. Zu Hause habe ich es dann noch einmal aufgearbeitet und endlich bekommt die Mütze ein Gesicht. Der Deckel ist dann fast schon Spielerei. Es läuft.



Nun stöbere ich im Wollladen, den wir uns ausgesucht haben und picke mir die Farben heraus, die wir brauchen. Dunkelblau, weiß und knallrot. Die Wolle kommt schnell, aber nicht schnell genug für meine Ungeduld, weshalb ich mir halbwegs passende Sockenwolle suche und loslege.

So, fertich. Nur noch auf die Wolle warten, einpacken und verkaufen. Aber davon sind wir immer noch weit entfernt. Eine Mütze muss ich nun noch mit der Originalwolle stricken, damit ich weiß, wie viel von jeder Farbe gebraucht wird. Dann brauchen wir natürlich auch noch die Nadeln, das Säckel und noch anderen Krimskrams, an den ich noch so gar nicht gedacht habe, der das Ganze aber rund werden lässt und nicht wie lieblos zusammengeworfen.

Die Nadeln habe ich recht schnell gefunden. Ein Großhändler ganz in der Nähe und nachdem ich nun ein Gewerbe mit einer Steuernummer habe, darf ich dort auch einkaufen  😊

Die Verpackung hat uns wieder Kopfzerbrechen bereitet. Es sollten eigentlich Papprollen sein, bedruckt auf recyceltem Papier. Aber bedruckt muss man eine Mindestmenge abnehmen, die jenseits von dem war, was wir beide als Verkaufsmenge vorgesehen hatten. Und irgendwo muss man ja auch die nicht verkauften lagern. Papiertaschen sind zwar toll in der Ökobilanz, aber auch schnell kaputt. Ich bin ja ein Fan von so kleinen Beutelchen, die man immer mal dabei hat, wenn man eine Kleinigkeit einkaufen muss. Oder wo man super sein aktuelles Strickprojekt drin verstauen kann. Warum also nicht gleich den Projektbeutel dazupacken. Noch besser, es darin verpacken? Gesagt getan und erneut eine umfangreiche Suche nach der passenden Größe. Am Ende habe ich putzige Jutetaschen gefunden. Von der Größe perfekt, alles passt rein und man kann es ein bisschen zusammenfalten und verschicken.

Hamwer nu endlich alles? Ich denke schon. Für die Anleitung habe ich mir reichlich Notizen  gemacht, nochmal alles überarbeitet und in die richtige Reihenfolge gebracht. "Schau doch nochmal drüber, ob das so passt!" "Nee, sooo geht das nicht. Da muss noch Optik rein!" "Wie Optik? Ist doch alles da!"
Nein, ist es nicht. Ein weißes Batt Papier mit ein paar Bildern und Text ist offensichtlich nicht der richtige Aufreißer. Also warte ich ab, was dann zurück kommt...
meine Version, die ich voll
in Ordnung fand 😂
...und so, wie sie dann "fertig" war
 Ja, ok. Ich gebe es zu. DAS macht was her! Wobei die Namensfindung dann auch fast schon wieder ein Akt für sich war. Eine Umfrage in der facebook Gruppe hat uns auf die Sprünge geholfen.
Und dann war er endlich (!) fertig. Der Stricksack "Nischelwärmer" Uff! Das war ein ganz schönes Stück Arbeit.
Alles in Allem fast ein Jahr von der ersten Idee bis zum ersten verpackten Stricksack, der auf die Reise ging.

Irina hat noch ein Anhängsel für die Tasche gemacht




Wenn ich ihn dann so fertig stehen sehe, denke ich: boah, was hat da jetzt so lange gedauert? Aber wenn ich es nachlese, Bilder raussuche und alte Beiträge und nächtliche Chats lese, fällt mir jeder einzelne Punkt wieder ein, an dem wir rumgefeilt haben, bis wir zufrieden waren.

der Stricksack "Nischelwärmer"





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