Mittwoch, 14. Oktober 2020

Ralf

Das ist Ralf, aber nicht einfach nur irgendein Ralf, sondern DER Ralf. Ralf war ein Skuddenbock und wohnte bei Sigrid. Ralf "war es, der die ganze Bunte Skudden Sache ins Rollen gebracht hat und weswegen seit 2018 die Skudden im SZVBB auch mit Mustern im HB gezüchtet werden dürfen" (hat Sigi gesagt) Wobei SZVBB der Schafzuchtverband Berlin Brandenburg ist und das HB das Herdbuch, quasi eine Liste aller registrierten Schafe, die den Rassemerkmalen ihrer jeweiligen Rasse  entsprechen, die vorgegeben sind. Alles was nicht diesem Rassestandard entspricht, wird dort nicht aufgeführt, oder zugelassen. Das ist cool. Denn Skudden waren vor Ralf dort nur mit drei Farben angegeben. Weiß, braun und schwarz und dann NUR in dieser Farbe. Keine Muster!
Skudden finde ich, genauso wie Shetlandschafe, Islandschafe und die vielen Mixe damit so interessant, weil sie so unheimlich viele Farben in nur einem Schaf zur Schau tragen. Ralf hat allein am Kopf reichlich davon. Auch immer wieder schön die gestreiften Gesichter "Badgerface". Fee, mein Patenschaf auf dem Hof Ebeling hat auch so ein cooles Gesicht. Und damit nicht genug, zu unterschiedlichen Jahreszeiten ändern sich die Farbverhältnisse! Eine Zuckerschnute wird weniger hell, oder scheint zu verschwinden, Stirnlocken auch. Bei unseren Katzen habe ich das auch schon beobachtet, nur dass die Farbänderung meist mit dem Fellwechsel einherging.

Den Ralf wollte ich schon lange miniaturisieren, aber damals war ich bei der Sache mit dem langen Fell noch nicht so richtig zufrieden. Und es war ja auch von Sigis Seite erstmal nur eine Liebäugelei. Manche Sachen brauchen halt ihre Zeit und den richtigen Zeitpunkt. Und für Ralf ist er jetzt 😉

Seit dem ersten Schaf mit langem Fell (mit dem ich tatsächlich auch zufrieden war), habe ich immer wieder Neues ausprobiert, gelernt und umgesetzt. Und auch bei Ralf wird es einiges geben, das ich so vorher noch nicht ausprobiert habe.

Den Anfang macht der  Körper, allerdings schon gleich in den richtigen Farben. Für die Schnute habe ich das Garn von Jamie genommen. Jamie war ein Shetlandbock von Irina, dessen letzte Wolle mir richtig gut gefiel, also habe ich es bekommen.

die Kopfgrundfarbe hat mich etwas grübeln lassen, es ist ein recht dunkles braun, dass aber ein bisschen einen Stich ins aschgraue hat. Einmal mehr kam mir der Zufall zuhilfe. Ein Kommentar zum Flitzepieps hat mich aufmerksam gemacht. Schafe, die Flitzepieps heißen, gibt es, glaube ich, nicht so viele. Ich weiß, das Irina ein Skudden-Lamm hatte, das so hieß.
Und es handelt sich tatsächlich um dasselbe Schaf. Inzwischen wohnt es bei Sigrid. Wie lustig, dass ich vom Pieps ein kardiertes Vlies hier liegen habe. Auch eine Übernahme von Irina, die es aus Zeitmangel nicht selber verarbeitet, aber kardieren lassen hat.

Das die neuen, bunten Farben nicht so heißen, wie die schon bekannten bei Shetland Schafen ist für mich nur bedingt logisch. Die Deppen, wie ich, haben es damit nicht leicht, Farben zu vergleichen. Für die Schaf"nerds" 😉 macht es wieder Sinn. Denn auch wenn sie für mich vergleichbar aussehen, sind sie es doch eben nicht. Die Farbe von Ralf ist bronzed/nonagouti, die vom Flitzepiepsieps "vermutlich grau".  Da das Pieps so ziemlich den perfekten Farbton von Ralf hergegeben hat, ist es für mich mal wieder ein Rätsel. Am Ende liegt es wohl daran, dass die bunten Schafe in unterschiedlichen Regionen leben und jeder so seine eigene Farbe benennt. Sie nun zusammenzubringen und zu versuchen, eine Einheitlichkeit zu finden, wird wohl in die Hose gehen. Jeder wird darauf bestehen, dass er das perfekte Farb-Bestimmungs-system hat und dieses (natürlich) am aussagekräftigsten ist.
"Genetisch gesehen haben deshalb gleiche Farben verschiedene Namen. Allerdings verwendet man umgekehrt dieselben Namen für genetisch verschiedene Farben/Muster. Katmoget heißt sie bei Shetland" meine Leiblingsfarbe haferflokich "und beim Kamerung heißt sie braunmarken" sagt Irina. Ich sag ja, für einen Deppen nur verwirrend 😵

Ich habe mir also ein Stück Vlies vom Pieps geschnappt und gspunna.
Ich hatte recht, das Pieps bringt alles an Farbe mit, was ich brauche. Wen interessieren schon Farbnamen?!
Anfangs habe ich das Vlies noch einmal über die Kämme gezogen, weil ich dachte, es fast sich etwas unkuschelig an. Irgendwann habe ich es dann so gesponnen, wie es war.




Am Ende kam ein Garn raus, das sich doch recht angenehm anfasst. Vielleicht nicht gerade halstauglich, aber auch nicht wirklich kratzig. Der Vorteil des Kämmens war, dass wieder ein bisschen Füllmaterial in der richtigen Farbe abgefallen ist 😉

Die Beine vom Ralf sind irgendwie fuchsrot 😮 Ich bin froh, dass ich um ein Komplettbild gebeten habe, sonst wären sie auch dunkel geworden.
vergleicht man dieses Bild mit dem am Anfang, ist das weiß der Schnute kürzer, die Stirn viel heller und fast lockig
Um die Farbe für die Beine hinzubekommen habe ich in meinem Vorrat an Walnussfärbungen gekramt.
3erlei Fasern aus dem gleichen Färbepott. Bleue du Maine, Bockwolle von meinem Schäfer um die Ecke und einer der Dörtherichse von Irina (von links nach rechts).
 2x kardiert, damit es sich ein bisschen mischt, ohne gleich Einheitsbraun zu werden
spinnt sich durch die unterschiedlichen Faserlängen ganz angenehm und das Stränglein fasst sich nach dem Entspannen richtig gut an. Leider habe ich den Entspannungstopf aus den Augen verloren und die Farben haben sich etwas zu sehr verdunkelt. Das Fuchsrot ist verschwunden 😣 Da muss ich wohl nochmal mischen gehen!

Für die Hörner werde ich die gleichen Farben nehmen, nur anders mischen. Dort werde ich die helle Farbe als Grundton nehmen und von den anderen beiden ein bisschen was einstreuen. Das Ganze wird dann auch nur einmal kardiert, damit es sich dort nicht zu sehr mischt.

der erste Strang hat sich total verdunkelt 😮 dafür hat sich der zweite etwas aufgehellt, ist aber immer noch genau richtig. Das Garn für die Hörner: perfekt: beige mit ein paar fuchsigen Sprenkeln

Das Stricken des Schafes ist eigentlich immer fix gemacht, wenn es ein langes Fell bekommen soll. Hier hält das Einknüpfen der einzelnen Fellbüschel etwas auf. Weil es schwer ist, immer genug, oder nicht zu viel Fell einzuknüpfen, habe ich mir eine kleine Hilfe eingebaut. Da, wo bei den kurzfelligen Schafen die  Knubbelchen sitzen, die das Fell andeuten sollen, stricke ich einfach eine linke Masche. Die finde ich dann ganz einfach und das Fell hat genau die richtige Dichte.


Ralf hat hinten und am Rücken ein Fell, dass mich an katmoget erinnert, also haferflockich mit einem schönen Karamellton im Grund und hübschen blonden Spitzen. Nach vorne kommt dann das typische Skudden Deckhaar, lang, glatt und ein bisschen derb. In diesem Fall grau. Für den hinteren Teil habe ich, logisch, von Sigi, ein Vlies mitgenommen, das genau diesen Farbton hat. Die blonden Spitzen werden hier wohl nicht durchdringen, aber das Vlies ist schön durchgemischt, hat hellere und dunklere Stellen. Die richtige Farbe ist ganz sicher mit dabei 😉

Ich bin selber etwas überrascht: ich ziehe aus diesem Wuschel hauchdünne Strähnen und sie haben durchgängig eine Farbe 😮 Nix von wegen unten dunkel, Spitzen hell. Aber das erklärt auch, warum der Buschel als Ganzes heller wirkt, als einzelne Strähnen aus dem Untergrund. Es ist wie bei einem grauen Vlies, das nur eine Mischung aus weißen und schwarzen Haaren ist. Hier also weiß und verschiedene Braunstufen.
 Das "Schlimmste" ist geschafft, das Fell an den richtigen Stellen einzuknüpfen. Das Knüpfen selber ist nicht schlimm, nur die Stellen zu finden, ist trotz der linken Maschen nicht immer einfach. Die dunkle, bunte Wolle macht es noch mal einen Ticken weniger einfach. Am Besten geht es, wenn Sonnenlicht drauf fällt 😎 Früh und abends fällt dann dafür aus. Im Moment steht die Sonne am günstigsten am Nachmittag in der Werkstatt... wenn sie denn dann auch scheint!
Aber ab jetzt wird es wieder leichter 😉
Bis hierher habe ich die Wolle genommen, die kein so richtiges Deckhaar hat. Aber ich bin ja gut ausgestattet 😉 und habe inzwischen auch genug Deckhaar in der richtigen Farbe. Und das kommt jetzt strähnchenweise zwischen die "Unterwolle". Allerdings nur am Oberkörper. Dafür habe ich das schon eingeknüpfte Fell nochmal um einen halben Zentmeter gekürzt. Es soll, wie richtige Unterwolle von untern her verdichten. Schauen wir mal, ob das so klappt... Auf gutes Licht muss ich nun nicht mehr warten, die Zwischenräume finde ich auch so 😂
Nachschub an dunklem Deckhaar. Es ist so lang, dass ich es halbiere. Damit ich die untere Hälfte nicht wegwerfe, sind auch immer wieder weiße Strähnchen dabei. Aber eben die Mischung aus weiß und schwarz gibt am Ende grau.
Eine kleine Fingerbrecherei zum Schluss: Die Hörner mit Nadelstärke 2. die geplante Hörnerfarbe pur war mir dann doch zu hell und zu wenig meliert. Im Wechsel mit der Beinfarbe nicht genug Kontrast. Also habe ich einmal mehr in die Reservekiste gegriffen und ein schönes Garn in perfekter Hörnerfarbe rausgezogen. Unverzwirnte Shetlandwolle, die ich (eigentlich) zum Weben gekauft habe. 😉 Aber da dieses Stück eh schon abgerollt und gewaschen ist, kann ich es auch zum Stricken nehmen.

Es ist geschafft... fast. Wie immer klappt es nicht beim ersten Anlauf beide Hörner symmetrisch auf dem Kopf anzunähen. Dieses Mal war ich übervorsichtig und habe nicht einen Faden vorzeitig verstochen und abgeschnitten
Man sieht es kaum, aber das linke sitzt weiter hinten. Also wieder aufziehen. Das Garn ist super, es hält! 😮 Ich sollte vielleicht doch mal ein Webprojekt in Angriff nehmen...
Zweiter Versuch: sitzt! Puuh... Aufatmen, nun ist es nur noch ein bisschen Kosmetik.
Fäden verstechen, Ohren richten, Ohrmarke anbringen...
Aber halt! Es fehlt noch ein bissel bunt in der Stirn!
WOW! Jetzt gefällt er mir richtig gut ♥ Nun muss er nur noch "erkannt" werden 😎

Ralf ist was Besonderes. Jedes Schaf ist etwas Besonderes! Jedes hat Eigenheiten, Merkmale und meist nur für den Besitzer etwas, dass nur er kennt. Ein Schaf nur mit 2 Bildern nachzuempfinden, ist nicht einfach. Ganz unauffällig versuche ich immer, noch etwas Hintergrundinformationen zu bekommen. Nicht immer klappt es, dann müssen die Bilder genügen.

Ein fettes Dankeschön an dieser Stelle an Sigrid Heilmann, die ich besuchen durfte und einen Teil ihrer Schafe (unter anderem das Flitzepieps). Und an Irina Böhme, meine persönliche Schafflüsterin, die mir immer wieder geduldig Schafsachen erklärt, die mir unverständlich sind. Danke für Eure Begeisterung an dem, was Ihr tut. Für Eure komplett andere Sicht auf Schafe, als ich sie habe. Und Danke, dass ich Euch Freunde nennen darf! ♥




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