Sonntag, 7. Dezember 2025

Waid, färben mit extrahiertem Pigment

Mein Pigment, die Farbe aus meinem Waid, ist in lagerfähigem Pulver gesichert. Nun will ich es wissen. Färbt mein Pigment, also am Ende mein Waid, der sich inzwischen ordentlich im Garten ausbreitet? Ich verpasse es jedes Jahr, die Samen zu rechtzeitig zu ernten. Dieses Jahr habe ich es gezielt beobachtet. Es zieht sich ziemlich lange hin, dass sich die Samen nicht einfach vom Gestrüpp abtreifen lassen. Und zack, auf einmal kommt ein Wind und die Samen fliegen durch den Garten bis zu den Nachbarn.

Im Jahr nach der ersten richtigen Blatternte habe ich mich noch gewundert, weil schon wieder Blüten und Samen zu sehen waren. Der Waid ist zweijährig. Selbst wenn ich ihn gezielt ausgesät hätte, dürfte er erst im nächsten Jahr blühen! Ich habe wohl unbeabsichtigt einen Rhythmus in Gang gesetzt, der mir jedes Jahr aussät, so dass ich auch jedes Jahr frische Blätter zum Färben habe, und einige Pflanzen Blüten treiben und Samen abwerfen. 

Um meine selbst geerntete Farbe nun zu testen, muss ich was färben. Zwei unterschiedliche Extraktionen, einmal wild und kopflos und einmal genau dokumentiert, die Färbekraft muss doch unterschiedlich sein!? Damit ich gut vergleichen kann, habe ich von der zweiten Extraktion genauso viel Pulver abgewogen, wie ich von der ersten bekommen habe. Und dann habe ich von meiner Höllenwolle 2 Stränge mit je 50g gewickelt und gewaschen. Ich bekomme es aus der Spinnerei auf Konen gewickelt und da ist noch so viel Spinnöl drin, dass das Garn recht gelblich aussieht und sich sehr rauh und sogar derb anfasst. Ist das Spinnöl raus, ist die Wolle richtig schön weich (nicht kuschelweich, eher samtig) und um einiges heller.

Weil alles irgendwie nirgendwo gesammelt steht, oder ich es so nicht herauslese, habe ich mich da Schritt für Schritt durchgewurschtelt und Informationen gesammelt. Gelesen, übersetzt, nochmal gelesen, eine andere Quelle durchsucht und wieder gelesen. Und eigentlich immer den Kopf geschüttelt, weil ich es nicht verstanden habe. 

Bei Jenny Dean steht bei den Vorbereitungen schon wieder Soda. Soda? Schon wieder? Das brauche ich doch nur, um die blaue Farbe aus der Pflanze zu holen. Wenn ich diese nicht getrocknet hätte, wäre der nächste Schritt, nachdem der Schaum sich gesetzt hat, gewesen, Entfärber in den Topf zu geben, damit ich mit dem Färben loslegen kann. Es hat ein Stück und panische Nachfrage wieder bei Ulrike gedauert, bis der Groschen gefallen ist. Und nachdem ich es verstanden habe, ist es auch total logisch: Durch das mehrfache auswaschen vom Pigment, also Wasser ablassen und frisches hinzufügen ändert sich natürlich durch das Verdünnen der ph-Wert auch wieder (das hoffe ich zumindest, Chemie war nie meine Stärke. Und ich werde das im nächsten Jahr auch testen und das abgelassene Wasser mit Teststreifen prüfen) Falls das nun aber chemischer Quatsch ist, werde ich das komplett ignorieren, dass das falsch ist. Es macht für mich so Sinn und damit ist es logisch, dass ich das nun wieder angerührte Pulver kontrolliere, bevor ich blind weiter gehe.

Also das Pigmentpulver wird mit etwas warmen Wasser (100ml) eingeweicht und zu einer Paste verrührt. Ph-Wert messen: 7,0 Danach habe ich es mit Wasser aufgefüllt, bis ich ungefähr einen Liter hatte. Schön ruhig durchrühren, bis das Wasser eine gleichmäßige Farbe hat. 

Ich habe nur Platz für einen Färbevorgang am Stück und ich fürchte, wenn ich beide parallel gestartet hätte, wäre ich auch komplett durcheinander gekommen. Also habe ich mir beim ersten alles aufgeschrieben, was, wann, wie viel. Ein alter Briefumschlag war mal wieder mein Protokoll 🙈


Beim ersten Lauf war der ph-Wert am Anfang 7 und ich habe wieder überlegt, schrittweise hinzugeben und rantasten, anstatt vom letzten Vorgang zusammenzählen und alles auf einmal einzurühren. 10g Soda, umrühren, messen und schon war mein Wert bei 11. Gut, dass ich vorsichtig war! 😏
Jetzt habe ich meinen Färbetopf mit diesmal nur 5l Wasser auf 50°C aufgeheizt und jetzt vorsichtig die Pigmentsoße in den Topf fließen lassen. So, wie man Fische ins Aquarium lässt. Also den Becher ins Wasser halten und langsam kippen, so dass sich die beiden Flüssigkeiten mischen können, ohne groß aufgewühlt zu werden. Es soll nun kein Sauerstoff mehr in den Topf, wie es beim Schaumschlagen benötigt wurde. Im Gegenteil soll nun der Sauerstoff entzogen werden und das geht mit Entfärber. 

Warum Entfärber? Wie gesagt, ist Chemie so gar nicht meins. Fast überall wird von Hydrosulfit oder  Natriumdithionit gesprochen. Ich kann mit den Begriffen nichts anfangen, aber es ist auf jeden Fall in Entfärber enthalten.

Vorher habe ich noch einmal den ph-Wert gemessen. Nun, mit 5l und 2l zum abkühlen war er bei 10, das habe ich so gelassen. Hier habe ich nun 20g Entfärber in den Topf gerührt. 
Und dann war ich ungeduldig. Ich habe den ersten Strang Wolle in den Topf geworfen, ohne zu warten, dass sich die ganze Brühe gelb färbt. 
 

Das Ergebnis war kaum Farbe auf dem Strang, aber ich habe mein Färbeschema durchgezogen: Wolle 5 Minuten ins Farbbad, 10 Minuten Pause. Nach jedem zweiten Farbbad erst ausspülen, dann Pause. Damit ich nicht dauernd in den Keller und wieder hoch laufen musste, habe ich mir eine Beschäftigung unten gesucht. Irgendwas findet sich ja glücklicherweise immer.
Zwischen den verschiedenen Bädern habe ich immer wieder Bilder gemacht. Beim ersten Farbbad mit einem ungefärbten Strang als Kontrast, um zu sehen, ob und um wie viel es nun dunkler wurde.
Der Tag war schneller rum, als gedacht und ich habe es grade so geschafft, meine Färbung mit meinem zuerst extrahierten Pigment zu beenden. Danach war aber auch die Luft raus 😉

 
erster und zweiter Zug, dann spülen
 
 
 
 

Irgendwie hatte ich nicht das Gefühl, dass sich hier was geändert hat, aber am Ende ist der letzte Zug doch dunkler, als der erste. Ob es wirklich so viele Züge braucht? Vielleicht nicht, wenn man genug Pigment hat. 🤷‍♀️

In der Woche drauf habe ich dann die zweite schon abgewogene Portion Pigment angerührt. Diesmal musste ich nicht mit Soda nachwürzen, der ph-Wert war schon 11. die einzelnen Züge habe ich 1:1 wiederholt, wie beim ersten Mal. Nur habe ich dieses Mal etwas länger gewartet, bis sich der Entfärber komplett aufgelöst hat. Allerdings ist es nach dem ersten Zug nochmal fast durchsichtig geworden 
 
Das, was da am Boden rumschwebt ist einfach nur Dreck, das war wahrscheinlich schon im Pigment noch mit drin, drum war das auch eher hellblau, anstatt von dunkelblau und damit passt natürlich auch mein Pigmentgewicht eher nicht. Gewogen habe ich es nicht im Nachhinein. Wenn ich weiß, dass es da ist, kann ich es in Zukunft mit einkalkulieren. Allerdings ist mir gerade so eingefallen, dass ich meine Waidblätter auch nicht gewaschen habe... Ein Punkt für das nächste Mal 

 
jetzt im Vergleich mit dem ungefärbten und dem fertigen Strang vom letzten Mal ist alles noch besser zu sehen. Wobei der rechte ja nun schon eine Woche in der Heizung hing und Zeit hatte, komplett zu trocknen.
eigentlich sieht man hier schon, dass ich da bin, wo ich mit dem ersten Pigmentauszug nach 10 Zügen war.


 

  
der Vollständigkeit halber auch hier 10x eingetaucht.

Und weil die knapp 2,5g halt nur hellblau gemacht haben, habe ich mit dem restlichen Pigment ein drittes Mal einen Farbtopf angerührt und wollte nun wissen, geht noch was, oder bleibt das so hell?
Wie heißt es so schön: ein bissel was geht alleweil und so auch hier
 
auch hier wieder 2x färben, dann spülen. Da hat es doch endlich mal richtig Farbe drauf gehauen! Der kleine Ministrang fiel mir ist mir zwischen Tür und Angel in die Hände gefallen. Der hatte vorher auch schonmal Waidfarbe gesehen.

ab hier habe ich nach jedem Spülen den Strang gewechselt, so dass alle beide nochmal Farbe abbekommen haben. Jeden Zug habe ich jetzt nicht mehr fotografiert. Aber mit diesem Ergebnis bin ich nu mehr als zufrieden.

Meine inzwischen 3 Waidbeete sind schon wieder gut nachgewachsen. Allein, dass sie nun eben nicht mehr wachsen würden, hält ich davon ab, rausgelaufen und die Schere zu wetzen. Aber ich freue mich jetzt schon auf das nächste Jahr! Ich werde fleißig Pigment extrahieren. Je nachdem, wie groß die Ernte pro Beet ist, könnte ich das beetweise machen und mit kleinen Mengen arbeiten, oder wieder alles, was da ist. Die Töpfe sind dafür groß genug 😉




























Waid, Pigment extrahieren

2015 war wohl ein Jahr mit vielen Dingen. Auch meinen ersten Waid habe ich da ausgesät. Ganze 3 Samen sind aufgegangen von den 10 in der Tüte und davon habe ich noch eine ausgerissen, weil ich sie statt Unkraut erwischt hatte. Ich weiß gar nicht mehr, was ich mit diesem Pflänzchen gemacht habe. Geschnitten ganz sicher nicht.
Im Jahr darauf waren wir einen Tag in Erfurt und ich habe auf der Krämerbrücke echtes Erfurter Blau in Tüten mitgenommen. Also Saatgut. Gleich habe ich es auch nicht ausgesät, sondern erst 2 oder 3 Jahre später. Ich habe immer noch nach dem besten Platz gesucht, oder es auch zwischendurch vergessen und den Aussatzeitpunkt verpasst. 2023 hat es dann doch endlich gezündet und ich habe einen alten Komposter zum Hochbeet umfunktioniert und dort den Waid ausgesät und er ist gekommen!
Nun hatte ich endlich eine etwas größere Menge Waid, aber so recht verarbeitet und vor allem blau gefärbt habe ich nicht damit. Es lag wohl auch daran, dass man nirgendwo eine "Anleitung" findet, wo steht: schneide, hacke, brühe, schmeiß Chemie rein und färbe. Also zumindest nicht für Dummies, wie mich. Ja, es gibt Seiten, wo man fündig wird. Aber da muss man sich ganz schön durchlesen. Eine Seite, bei der es nur um Waid geht, ist eine Englische von Teresinha Roberts. Eine weitere, wo man endlich ein paar genauere Hinweise und einen weiteren Link findet, von Jenny Dean. Der Link dort zu einer dritten führt zwar ins Nirvana, aber er gibt einen neuen Suchbegriff 😉 Riihivilla. Ich hatte mich dort irgendwie hingeklickt, leider die Ergebnisseite verschmissen, aber zumindest kann man auf der Seite suchen. Jenny und Riihivilla verweisen aufeinander, so dass man sich auch gut im Kreis drehen kann... 
Mit diesen 3 Quellen habe ich mich also dieses Jahr dranmachen wollen, es endlich richtig anzugehen. Und dann kam facebook und meint, ich soll doch mal bei Medieval Colors vorbeischauen, die zieht grade aus ihrem Waid das Pigment, also den Farbstoff raus, um ihn haltbar zu machen und zu einer größeren Menge zu sammeln. Hmpf, ja, Waid färbt nicht so intensive, wie Indigo. Also schpn auch, aber man braucht eben sehr viel mehr Farbstoff dafür. Trocknen und sammeln klingt gut! Ich muss den Waid nicht gleich zum Färben verarbeiten (immer hat Frau ja auch kein Projekt bei der Hand), ich brauche keinen Platz im Gefrierschrank (so hatte ich auch schon mal gesammelt) und das Pulver nimmt auch so fast gar keinen Platz weg. Also 2 Fliegen mit einer Klappe erschlagen.
Gleich am nächsten Wochenende habe ich meine Waidbeete (inzwischen 3) geplündert. Ernte: 1 Eimer gestopft voll. Gewicht? Keine Ahnung. Durch meine 3 Seiten gesurft und irgendwas gemacht. Und ich habe tatsächlich 2 recht große und 3 kleine Gläser mit Flüssigkeit füllen können, die dann darauf gewartet haben, dass sich die Farbe unten absetzt.
Ab hier wurde es nun spannend. Die Brühe in den Gläsern war fast schwarz. Nur gegen das Licht konnte man etwas grünlich schimmern sehen. 
Da ich komplett unvorbereitet war, stellte sich die Frage: wie schöpfe ich das Wasser oben ab (Falls sich denn unten was abgesetzt haben sollte)? Ich hatte noch eine weiche Drückflasche, die eigentlich fürs Nassfilzen ist, damit man damit eingesaugtes Seifenwasser auf die Filzsachen sprüht. Die Flasche ist zwar recht bauchig, aber doch recht weich. Und so so habe ich doch recht viel von der Suppe abziehen können.
Beim kleinsten Glas habe ich versucht, das Wasser mit Schwerkraft abzuleiten, nach dem Prinzip, wie man auch Blumen im Urlaub bewässert. 
Abgeleitet hat es schon etwas, aber nicht nur klares Wasser und auch der Faden hat sich gut eingefärbt. 
Weil ich nicht wusste, ob ich beim Abschöpfen Pigment mit rausgezogen habe, habe ich die abgezogenen Flüssigkeiten des ersten Abzugs in einen Topf geschüttet und einen Wollstrang reingelegt. Irgendwie hat er Farbe angenommen, wenn auch fleckig. Ich habe ihn mehrfach eingetaucht und irgendwann ist die Farbe umgeschlagen, erst ins leichte lila, dann in eine dunkle Farbe, wie braun. Sehr wahrscheinlich hat ab irgendeinem Zeitpunkt die Chemie nicht mehr gestimmt. 
Zurück zum Pigment extrahieren. Nachdem ich das erste Mal wieder Wasser in meine Gläser gefüllt hatte, hat sich nach ca. einer halben Stunde die Flüssigkeit etwas geklärt und beim Anheben der Gläser konnte ich am Grund dunkle Flocken ausmachen. Das sieht doch schonmal gut aus.
 
Gleich nach dem ersten Abschöpfen habe ich mir zwei neue Werkzeuge zum Absaugen bestellt.

(Bilder vom Internet)
(Bilder vom Internet)

Die rote Pumpe ist vom Prinzip her, wie meine zum Filzen, aber damit pumpt man sich kaputt. Mit der schwarzen Gummipumpe braucht man (eigentlich) nur einmal Luft einsaugen und die Suppe läuft von ganz allein. Hat man aber die Pumpe nicht gut genug zusammengedrückt, klappt das nicht und im schlimmsten Fall läuft die leicht angesaugte Flüssigkeit wieder zurück und wirbelt dabei die Flüssigkeit im Glas wieder auf.
Klappt es dann, muss man aber immer noch den Ansaugschlauch mit der Hand führen und aufpassen, das man nicht zu tief eintaucht und auch wieder Pigment mit absaugt.

Nach 3x Absaugen und mit frischem Wasser auffüllen, ist das Wasser, das über dem Pigment steht recht durchsichtig und der Bodensatz sieht auch schön blau aus.
 

Also ein letztes Mal das Wasser abschöpfen und dann eigentlich den Rest nur trocknen lassen. Auch wenn nun nur noch wenig Flüssigkeit in den Gläsern ist, würde das ewig dauern. Also habe ich einen Filter improvisiert. Ein ausrangierter Küchenkaffeefilter und mit gefalteten Küchentüchern ausgelegt. passende Kaffeefilter hatte ich grade nicht bei der Hand und wenn, ist die Tüte ja in der Form geschlossen und ich muss wieder fummeln, mein Pigment da raus zu bekommen. Also ist ein aufklappbarer Filter gar nicht so schlecht.
  
Das Durchlaufen durch den Filter hat nochmal reichlich Zeit in Anspruch genommen, der Filter setzt sich ja Stück für Stück zu.
 
Für jedes Glas habe ich ein neues Filterpapier genommen 
 
Ein Haufen Material und umständliches händeln. Das muss einfacher gehen! Letzter Schritt ist, das Pigment aus dem Filterpapier rauszuklopfen. Ein bissel knautschen und rubbeln und über einem größeren Behälter ausschütteln geht ganz gut, aber ein Rest bleibt immer noch im Papier.

nicht ganz 2,5g Pigment. Für einen gestopft vollen Eimer Blätter ist das etwas mager!

Das Ganze mit dem Extrahieren habe ich Mitte/Ende Juli angefangen und es hat bis zum trockenen Pigment um die 3 Wochen gedauert. Im April hatte ich noch einmal eine recht große Ernte zum Färben genommen und hatte einmal mehr ein eher bescheidenes Ergebnis. Darum ja auch der Versuch, das Pigment zu sammeln. Das Umständlichste war die Sucherei, was mache ich wann und wie.

Schon während dem Versuch habe ich 3 neue Anschaffungen gemacht:
Als erstes Indikatorpapier und -teststreifen. Mein digitales Gerät ist doch nicht so genau, wie ich es brauche und gehofft habe. Zwei verschiedene, weil ich nun gegenprüfen will. Also die manuellen miteinander vergleichen und mit dem digitalen Wert gegenprüfen.

Als zweites habe ich durch Zufall im Tedi (im Sommer) ein großes Limonadenglas entdeckt. Jetzt im Herbst gibts die nicht mehr, ist wohl ein Saisonprodukt. Fassungsvermögen über 5L mit einem Ablasshahn. Also quasi mein Kochtopf in klein und ohne Heizung. Zum Testen habe ich nur eins genommen, ich weiß ja nicht, ob das, was ich mir überlegt habe, auch funktioniert. Und wenn nicht, was mache ich dann damit? Zum Einwecken oder Solarfärben kann ich es nicht nehmen, es schließt ja nicht luftdicht ab.
3. Anschaffung: ein Set mit Filtersieben in verschiedenen Dichten. Das Filtern durch das Papier hat mir zu viel Farbe verschluckt
von links nach rechts 100, 200, 300 und 400er Dichte, wie auch immer sie gemessen wird, wahrscheinlich Fäden pro Quadratzentimeter.

Anfang Oktober hatte ich dann nochmal einen schönen Schub Blätter und da ich beim letzten Mal den Weg ausgekundschaftet habe, konnte ich dieses Mal alles dokumentieren.
Angefangen mit dem Gewicht der Waidblätter. Wieder ein Eimer gestopft voll = 2300g Waidblätter
Ich habe sie grob mit den Händen zerpflückt und in ein Wäschenetz gepackt. Währenddessen hat mein Farbkochtopf  Wasser aufgeheizt. Als das gekocht hat, habe ich das Wäschenetz dort reingesteckt und für 3 Minuten köcheln lassen. Danach habe ich die Temperatur auf 50° runter gedreht und den Topf abkühlen lassen. Aufgeschrieben habe ich 45 Minuten, aber wir sind zwischendrin zum Einkaufen gefahren und das hat etwas länger gedauert.

Das Wäschenetz mit dem Waid habe ich aus dem Topf gehoben und auf 2 Hölzer, die ich oben auf den Topf gelegt habe, abtropfen lassen. Die Flüssigkeit war immer noch recht heiß, also habe ich sie jetzt mit kaltem Wasser abgekühlt. Zum Messen habe ich ein altes Einkochthermometer. Damit es im Topf ein bissel geschützt ist, habe ich von einer Kunststoffringbindung den Rücken darüber gezogen. Sie steht unten über, damit das Glas nicht auf den Boden schlagen und kaputt gehen kann. 
Jetzt kommt der Teil wo ich genau sein muss: Ich muss den ph-Wert messen und auf 10-11 anheben.
Ohne Chemie ist er 6. Zum anheben nehme ich Soda aus der Drogerie. Wie viel man nimmt, ist einer der Punkte, die man nirgendwo findet. Irgendwo habe ich dann gelesen 3-4 Esslöffel, woanders 60g. Am Ende hängt es vom Wasser ab. Also vom Ausgangswert. Die Angaben sind mir alle zu ungenau, also mache ich es schrittweise. Anfangs noch nur mit dem digitalen Messgerät.
Mit 10g Soda komme ich auf PH6,5. Bis 10 oder 11 ist es noch ein weiter Weg, also mache ich Schritte mit je 20g Soda. 7,9/8,4/8,5/8,5/8,6/8,6 So recht ruckt es nicht, also 1x50g Soda und ich komme auf 8,8.
Jetzt erst komme ich auf die Idee mit den Teststreifen gegen zu prüfen und sehe, ich bin schon am Ziel. Und hier merke ich auch, ich habe bisher viel zu wenig genommen, oder andersrum war der PH-Wert meines Farbbades in der Vergangenheit immer zu niedrig. Kein Wunder, wenn die Ergebnisse immer enttäuschend waren.
PH-Wert ist nun 11 und sogar ein bissel drüber. Zu einem späteren Punkt, als ich mit dem Pigment färben wollte, habe ich bei Ulrike nachgelesen, dass das Wasser wie schmierig sein soll. Das ist es auf jeden Fall. Direkt auf der Seite nachlesen kann man es nicht. Es steht in ihrem Buch, dass ich seit dem Katazome Kurs habe. DAS bekommt man dort 😉
Nach der 3. oder 4. Zugabe von Soda bildet sich auf der Oberfläche ein metallisch schimmernder Film. Je höher der PH-Wert steigt, umso "dicker" und glatter scheint er zu werden. Am Ende fast wie eine Kupferne Oberfläche. Am Anfang sah es noch aus, wie ein nicht fertig zusammengesetztes Puzzle.


Also PH-Wert passt. Nun muss Sauerstoff in die Farbbrühe. Jeder macht es anders. Umschütten von einem Behälter in einen anderen klingt für mich von vornherein schon nach einer Riesen Schweinerei, zumal mit dem großen Topf. Das lasse ich mal gleich weg! Nächster Vorschlag ist der Mixer, ja, ich habe extra dafür einen ausrangierten. Aber in der Vergangenheit war das mit dem Abseien auch noch etwas umständlich und so haben sich immer wieder Pflanzenreste unten in den Quirl verheddert. Ließen sich aber irgendwie auch nicht mit schreddern, weil die Blätter ja auch nur überbrüht werden und nicht eine Stunde gekocht. Also alles noch ein bissel strunkig.
Ein weiteres sehr hilfreiches Werkzeug, dass ich aber schon länger habe: Ein Milchaufschäumer mit einem etwas größeren Kopf als üblich. Der dreht richtig schnell und macht Schaum in Minuten. Er ist leicht wie ein Stift und ich kann ihn mit einem USB-Anschluss aufladen. 
der rechte Quirl ist ähnlich, wie der Milchaufschäumer und hat sogar Rechts- und Linkslauf, aber er dreht viel zu langsam. 

 
Eine Akkuladung hält auch komplett, um einen Pott so aufzuschäumen, dass der Schaum erst blau und dann weiß wird. Der blaue Schaum ist vom April, den hab ich dieses Mal vergessen zu fotografieren.

Nun kann die Suppe eigentlich abkühlen, bis der Schaum sich aufgelöst hat, dann kann ich ihn in Gläser umfüllen

Angefangen mit meinem Limonadenglas und dann der Größe nach alle anderen. Ich hatte die Suppe mit kaltem Wasser runter gekühlt, darum war am Ende mehr Flüssigkeit abzufüllen, als beim ersten Mal.
Eigentlich hat sich das schon nach einer Stunde gesetzt, aber ich habe alles über Nacht stehen lassen und dann mit meinem Limonadenglas angefangen, dort einfach das Wasser abzulassen.


Das ging eigentlich richtig einfach! Damit ich nicht die ganze Zeit den Auffangbehälter halten muss, habe ich ein langes Rohr über des Hahn gehalten und die Flüssigkeit einfach laufen lassen. Je weiter der Wasserspiegel gesunken ist, habe ich den Bodensatz sehr genau im Auge behalten, aber es hat sich nichts gerührt. Also weder aufgerührt noch irgendwelche anderes Zeichen, dass eventuell Farbe mit aus dem Topf kommt. Trotzdem habe ich wieder den ersten Abzug in meinen wieder leeren Färbetopf geschüttet und einen Probestrang mehrfach eingetaucht. Das Ergebnis war dieses Mal total grün, nicht ein Hauch von blau! Also DAS scheint zu funktionieren. 
links der Strang aus dem ersten Versuch, der irgendwann in braun umgeschlagen ist. Rechts der Strang aus dem zweiten Versuch. Auch sehr kräftig, aber nur grün, kein blau.

Die restlichen Gläser habe ich wieder mit dem Schlauch und der schwarzen Pumpe abgesaugt. Eigentlich hätte ich nun die Gläser alle in das Limonadenglas schütten können, wo sie doch nun so schön leer waren. Aber die Gläser stehen auf dem Treppenabsatz zum Keller und um Wege zu sparen habe ich nach dem Ausgießen der Flüssigkeit gleich wieder Wasser mit nach oben genommen und wieder ins Glas gefüllt. 🤷‍♀️Wäre noch ein Punkt, das beim nächsten Mal zu verbessern.
Wieder einige Spülgänge und das Wasser über meinem Pigment war fast klar. Weil ich es bis zum Ablasshahn ablassen konnte, war auch die neue Menge Wasser recht groß und es hat sich sehr schnell und sehr sauber geklärt.
Ein letztes Mal das Wasser ablassen, das Glas vorsichtig drehen, so dass sich das Pigment wieder im Wasser verteilet und nun das Ganze durch ein Kunststoffsieb schütten.
  
ich habe das feinste meiner Siebe genommen, aber ich werde beim nächsten Mal auch die gröberen Siebe ausprobieren. 
 
Das Pigment setzt sich als Schlamm in die Falten vom Sieb und wenn dann endlich alles durchgelaufen ist auch am Boden ab.
Dort lässt es sich nun erstmal ganz leicht mit einem Kaffeelöffel herauslöffeln und auf eine glatte Fläche legen. Ich habe hier meine Box vom ersten Mal genommen. Was jetzt noch in den Falten steckt, kann nach dem Trocknen ganz leicht herausgeklopft werden.
 
5 Gläser, 5x durchgesiebt, 5 Kleckse Pigment
 
wenn alles getrocknet ist, bleibt nicht mehr viel im Sieb. Fast 10g Pigment konnte ich so extrahieren! DAS kommt meiner Vorstellung schon sehr nahe 😍 Mit dem Mörser noch gut zerkleinert, habe ich ein schönes Pulver bekommen

Damit ist die Extraktion eigentlich abgeschlossen und ich bin sehr zufrieden!
 
Das getrocknete Pigment zusammenzukehren lässt auch die Finger blau werden. Beim nächsten Mal ziehe ich dafür auch Handschuhe an! Am Ende: weniger Chaos und wenn ich mir noch 2 Limonadengläser besorge, wird es noch übersichtlicher
Im Topf hat sich am Ende doch noch was abgesetzt, aber das ist so wenig, dass es sich kaum lohnt, das noch rauszuholen. Es hätte vielleicht meine 10g voll gemacht. 

Da ich aber gerne meine Waidsamen verteile, will ich auch sicher sein, dass er nicht nur wuchert, wie verrückt, sondern auch färbt. Also muss ich das nun auch probieren. Und wieder wird es ein Vergleich. 

Ich werde dafür einen neuen Beitrag machen, ist vielleicht übersichtlicher. 

Bis hierher alles Nochmal in Kurzfassung:
Material: 
Topf (am besten ein Einkochtopf mit Temperatureinstellung)
Soda aus der Drogerie
Power Entfärber aus der Drogerie
Indikator Papier oder Teststreifen zum ph-Wert messen
Limonadenglas mit Ablasshahn (5l)
Kunststofffilter

Ablauf Pigment extrahieren:
  • Waid ernten, zerkleinern (oder nicht), in ein Wäschenetz geben
    • waschen ist nicht verkehrt und spült ggf. noch Staub und Schmutz weg für ein reineres Pigment oder weniger "Dreck" am Boden vom Färbetopf
  • 3 Minuten in kochendes Wasser, 45 Minuten darin ziehen lassen
  • Rausheben und abtropfen lassen, ggf. ausdrücken
  • Wasser auf 50°C abkühlen (lassen)
  • ph-Wert messen
  • Soda zugeben bis der ph-Wert 10-11 ist
  • Sauerstoff einbringen, blauen Schaum schlagen, bis er weiß wird
  • ruhen lassen, bis der Schaum sich gesetzt hat
  • Flüssigkeit vorsichtig aufrühren und in Gläser abfüllen
  • ruhen lassen, damit sich das Pigment am Boden absetzen kann
  • Wasser abziehen (Ablaufen lassen) und mit frischem Wasser auffüllen
  • wiederholen, bis das Wasser oberhalb des Bodens klar bleibt
  • ein letztes Mal das Wasser ablaufen lassen
  • Restflüssigkeit vorsichtig aufrühren und durch ein Kunststoffsieb laufen lassen
  • Pigment aus dem Sieb nehmen und auf einer glatten Fläche trocknen lassen