Mittwoch, 22. November 2017

Finnland, nochmal - Finland, again

Nochmal? Ja, ich war schonmal hier...vor zwei Wochen, für alle, denen ich es inzwischen noch nicht erzählt habe 😜

Meine erste Antwort, als jemand gesagt hat: "Ooh, toll!" war: "Was? Es ist dunkel und es ist kalt!"
Am Montagabend angekommen, bekomme ich eine Nachricht, vom Kollegen, der mich abholen wollte: Ich kann nicht, nimm ein Taxi, oder den kostenlosen Hotelbus.  -  Ähm, aha. Taxi? nee, kostet Geld, will ja wieder keiner bezahlen. Also den Bus suchen. Der fährt tatsächlich direkt am Ausgang ab, und ich muss nichtmal lange warten. Ein bisschen war ich einerseits zu müde, um zu sagen, ob es wirklich so kalt, war, wie ich dachte. Andererseits zu aufgeregt, damit ich nicht den Ausstieg zum richtigen Hotel verpasse. Der Bus fährt nämlich mehrere an... und es gibt mal eben 2 Hotels mit dem gleichen Namen, die fast nebeneinander stehen. Auf jeden Fall war es dunkel, denn Finnland ist eine ganze Stunde älter als wir. Also 1:0 für mich.

Lustige Begrüßung im Zimmer: Der Fernseher ist an und ich werde mit Namen begrüßt. Hatte ich auch noch nicht 😂
doch, da stand wirklich mein Name, aber der hat hier nix zu suchen

Zu faul, um durch die Gegend zu rennen und was zu Essen zu fangen, gehe ich abends in das Hotelrestaurant. Knapp 17,-€ für ein Chickensandwich... ganz schön teuer. Und obwohl es nicht das das Billigste Essen auf der Karte war, war es doch eines der günstigeren. 2:0 für mich. Aber man beachte: die Währung ist Euro! 2:1

Der Arbeitstag am Dienstag war zeitig zu Ende, so dass ich gegen 5 im Hotel war. Ja, es ist tatsächlich dunkel um diese Zeit. Aber Zeit für mich, die Gegend trotzdem zu erkunden. So ziemlich "über die Straße" ist ein Monster-Einkaufszentrum, genannt Jumbo. Und groß ist es! Ein Fußweg von ca. 10 Minuten kann man dafür schon in Kauf nehmen. Die werden doch Sandwiches haben, die etwas billiger sind! Tatsächlich bekomme ich 3 (!) abgepackte Sandwiches für unter 10 Euro. Das Abendessen für den Rest der Woche ist gesichert. Sehr hungrig bin ich eh nicht. Den ganzen Tag zu reden und zu erklären ist nicht soo anstrengend, dass man danach ein 5 Gänge Menü braucht, und das Mittagessen war reichlich... immer! Auf dem Weg zurück zum Hotel, habe ich einen besseren Weg gefunden, nicht kürzer, aber besser beleuchtet... Und spätestens hier habe ich festgestellt: ja, es ist verdammt kalt! ... 3:1

Aber um ehrlich zu sein, damit hat es sich mit den "Schlechtigkeiten". Was ich nämlich auch sehr angenehm fand: Beim Überqueren der Straßen kommen die Autos von der richtige Seite 😏 3:2
Und: egal, wen ich anspreche, man versteht mich und antwortet mir auch in einem vertständlichem Englisch... 3:3

Kalt und dunkel (rote Nase und Mütze auf), aber was ne Kulisse!

Die Häuser rund ums Hotel sind mit bunter Werbung beleuchtet. Heute habe ich erfahren, dass das alles Bürohäuser sind und die Werbungen außen dran sagen aus, wer dort sein Büro hat. Ich hab es noch nie bei Tag gesehen. Würd mich schon interessieren, wie das dann aussieht.


Wie gesagt, ist Mittagessen immer reichlich. Und es wird, zumindest für uns, immer auswärts gegessen. Was ich hier richtig toll finde, sind diese Mittagsküchen. Keine Imbissbude, wo man sich draußen beim Würschtle verschlingen den Hintern abfriert. Nein, richtige große Essenssääle. Die meisten haben offen von 11 bis 2 Uhr nachmittags und es gibt dort nur Mittagessen. Es gibt ein Buffet und man kann wählen zwischen bestimmten Zutaten (ist wahrscheinlich billiger) und dem Buffet für ca. 10,-€. Es gibt immer mehrere Versionen Fleisch, immer Gemüse und Salat und zu trinken Wasser (aus der Leitung), oder Milch, oder dicke Milch. Manche Leute haben 2 Gläser Wasser auf dem Tablett stehen, manche 2 Gläser Wasser und ein Glas Milch. Heute habe ich jemanden mit 3 Gläsern Wasser gesehen. Ich frage mich, warum die nicht aufstehen und nachholen? Ganz einfach: die essen in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit! Jeder weitere Gang zum Nachschlagen kostet Zeit und die Mittagspause ist scheinbar zeitlich begrenzt. Auch lustig zu beobachten ist das Publikum, das dort aufschlägt. Da ist alles dabei, vom Bauarbeiter, über die Büromietzen bis zum Manager! Also niemand ist sich da zu schade, essen zu gehen.

Eine dieser Mittagsküchen war in der Nähe einer Fabrik die Kekse herstellt. Die Jungs vor Ort haben uns nach dem Essen über den Parkplatz geführt und was ganz Tolles gezeigt:

ist das cool oder was? 

Das sind Silos mit den Zutaten für die Kekse. Auf dem Weg zurück sind wir auf dieser Seite vorbeigefahren und ich konnte ein besseres Bild machen.

Das ist ein schwarz-weiß Bild! Gemalt von einem verrückten Australier, der das ganz alleine verbrochen hat mit einer Art Hebebühne, wenn ich das richtig verstanden habe. Eine Detailtreue, das man bei dem Mädel auf der rechten Seite die Maschen auf der Strickjacke nachzählen könnte! Unglaublich, und zwar unglaublich schön!

Wenn ich unterwegs bin, stelle ich immer unheimlich viele Fragen an Leute aus der Gegend und hier finden sich viele Sachen, die verglichen mit Deutschland tatsächlich ähnlich oder gleich sind. Viele Feiertage sind zum Beispiel gleich. Ich habe, glaube ich, noch kein Land gefunden, an dem es die Weihnachtsgeschenke am Heiligen Abend gibt und der 1. & 2. Weihnachtstag sind freie Tage. Hier schon.
Und ich habe noch kein anderes Land gefunden, außer Deutschland, wo es tatsächlich dunkles Brot gibt. Hier habe ich es zum Frühstück. Und mein Teller sieht jeden Tag so aus. Das dunkle ist kein richtiges Brot, eher ein Brötchen und nicht Vollkorn, sondern gemahlenes Korn, aber noch ganz frisch und immer schon aufgeschnitten. Ich denke, einmal, weil es sehr dünn und cross ist und die Leute hier einfach Angst haben, dass sich jemand in die Hände schneidet, wenn er von der schmalen, knusprigen Kante abrutscht, andererseits ist es hier üblich, die Butter gleich am Büffet aufs Brot zu schmieren und nicht eine Portion mitzunehmen. Brot mit Butter (am Buffet geschmiert) gibt es übrigens auch zum Mittag! Und das Zweite ist mein neuer Liebling. Eine Art Teigtasche, gefüllt mit Reis-Porridge, denke ich. Man isst das warm, es sättigt ungemein und wenn ich es das nächste Mal im Supermarkt finde, muss ich ein Bild vom Namen machen, den vergesse ich nämlich immer sofort, wenn mir jemand sagt, wie das heißt. Irgendwas mit Kala... ??
Schnell mal gegoogelt: Karjalanpiirakka Karelische Piroggen, Teigtaschen mit Milchreis gefüllt. Hhhm, lecker und: nicht süß!


Auf dem ersten Heimflug war ich erstaunlicherweise recht sparsam am Flughafen, ein obligatorischer Schlüsselanhänger mit der Flagge von Finnland und eine Kette mit gravierten Rentierhornscheibchen, aufgefädelt auf einen Lederriemen...

Ich bin jetzt nicht ein Alternativer Ökofreak geworden, aber ich habe mir zumindest die Bedeutung der Symbole gemerkt: links der Gott der Jagd, in der Mitte die Jadghütte und rechts das Rentier. Es gab noch eine zweite Version mit anderen Symbolen, aber da ich zu dem Zeitpunkt noch nicht entdeckt hatte, dass sie auf der Verpackung erklärt werden, habe ich mich für dieses entschieden. Ich werd mal nachschauen, vielleicht gefallen mir ja die Symbolerklärungen auch und nehm sie noch mit 😆 Und echte Schmuckketten habe ich mir schon genug zerrissen, die sind mir inzwischen zu schade, um sie ungesehen zu tragen...

Diese Woche ist es etwas ruhiger, weil ich mir Abendessen von zu Hause mitgenommen habe. So zwei halbe Scheiben Vollkornbrot mit einem Glas Wasser sind doch was Feines. Nicht, dass ich geizig wäre, aber nach einem reichhaltigem Mittagessen, bin ich abends nicht sehr hungrig. Und ich habe festgestellt, dass ich nirgendwann zu Hause so viel Wasser trinke, wie unterwegs. Ich habe immer mindestens eine halbliter Flasche bei mir, die ich mit Leitungswasser füllen kann. Und auf meinen reichlichen letzten Reisen habe ich festgestellt, dass ich nicht der Erfinder der leeren Flasche durch die Kontrolle bin. 😂 Die bemängelt nämlich niemand und man muss sie auch nicht entsorgen, ist ja keine Flüssigkeit drin! Auf der letzten Schulung am Freitag habe ich sie stehen lassen und musste mir eine Neue kaufen. Diese Woche war ich wieder in der gleichen Firma und habe meine Flasche tatsächlich wieder gefunden! Woher ich weiß, dass es meine war? Es war eine schwedische Wasserflasche!

Und da fällt mir noch etwas ein, dass mir mein Kollege erzählt hat: bis vor ca. 100 Jahren gab es Finnland gar nicht! Es war in verschiedenen Teilen Schwedisch und Russisch, abhängig von den inzwischen angrenzenden Ländern. Irgendwann haben sich die Finnen dann doch mal selbständig gemacht, aber in den Schulen wird tatsächlich zweisprachig gelehrt. Auch hier je nach Region Finnisch und Schwedisch, oder Finnisch und Russisch. Lustig: Es gibt Leute in Finnland, die verstehen kein Finnisch! Nur Schwedisch, oder Russisch... auch wieder in den Grenzregionen. Meist inzwischen ältere Leute aus fernen Orten, die halt nie oder kaum eine Schule besucht haben. Hier in Helsinki (yay, tatsächlich nicht irgendwo im Nirgendwo, sondern in der Hauptstadt!) sind alle Straßenschilder zweisprachig, erst finnisch und dann zusätzlich in Schwedisch. Weil ich das da noch nicht wusste, habe ich im Supermarkt nicht so drauf geachtet, aber ich werde es prüfen!

Ich habe es mal im Fernsehen gesehen und es ist mir wieder eingefallen, als mich mein Kollege belehrt hat, das Rentiere und Elche nicht das Gleiche sind (wer weiß das schon?), dass es in Finnland einen Ort gibt, von dem man behauptet, dort wohnt der Weihnachtsmann. Es gibt diesen Ort tatsächlich, ganz oben in Lappland. Dort ist das ganze Jahr für Weihnachten geschmückt. Und falls es jemanden interessiert: der Unterschied zwischen Rentier und Elch ist gewaltig! Siehst Du eine Herde Rentiere die Straße überqueren, kannst Du beruhigt abwarten, bis sie die andere Seite erreicht haben. Siehst Du einen Elch am Straßenrand stehen, solltest Du Gas geben und in die andere Richtung flüchten. Auch wenn das heißt, umzukehren.

Doch, Finnland ist ein hübsches "kleines" Land, das mir gefallen könnte, wenn es hier nicht so verdammt kalt wäre! Bestes Beispiel: in der ersten Woche hab ich die Heizung schön im Zimmer aufgedreht, damit ich mich ja nicht erkälte. Das hat 2 Nächte funktioniert, weil ich in der Zeit verdreht und sehr müde war. In der dritten Nacht bin ich dauernd aufgewacht und habe mich gewundert, warum ich nicht mehr schlafen kann. Das Zimmer war total überheizt, viel zu warm zum schlafen! Diese Woche bin ich etwas schlauer, ich habe die Zimmertemperatur runter geregelt auf 22° (!). Nun sitze ich in der Bude mit eiskalten Füßen und friere mir den Hintern ab. Aber die letzte Nacht hat es wieder bestätigt. Ich wache mitten in der Nacht auf und schwitze und kann nicht wieder einschlafen, bis ich die Wollsocken ausgezogen habe und eine persönliche Klimaanlage (meine Füße) soweit runtergekühlt habe, dass mir nicht mehr zu warm ist. Also kuschele ich mich recht frühzeitig in mein Bett in der Hoffnung, dass es schnell warm wird und lese driftwool.

driftwool ist kein Buch das man kaufen kann. Es ist der blog von Irina Böhme,
- von der ich wunderschöne Vliese ihrer Schafe habe,
- die schon nicht nur um die halbe, sondern scheinbar um die ganze Welt gereist ist,
- die ein Flute spielt und eine Concertina,
- immer auf der Jagd nach Informationen über Wikingerschafe oder einem Tune, den sie lernen und spielen will und
- die in der Nähe von Dresden wohnt.

Im Moment, wenn ich halt mal zu Hause bin, habe ich ihren Cookie versponnen und habe meinen inzwischen zweifach getesteten Webrahmenumbau mit einer 5m langen Kette bespannt, um ihn auch zu verweben. Ich musste das Kettenziehen leider unterbrechen, weil ich am Sonntag mit höllischen Handgelkenksschmerzen aufgewacht bin. Ähm, wasn nu los? Kann kaum greifen, kann kaum die Finger öffnen, hat schon in der Nacht weh getan 😪 Ein kurzer Blick bei Dr. Wiki sagt mir, ich habe eine Sehnenscheidenentzündung! Echt jetzt? Muss das sein? Hab ich doch keine Zeit für! 😤 Aber ich habe keine Wahl. Und es ist eigentlich zu spät, um die Reise zu stornieren, also Augen zu und durch...

Auto fahren ohne Automatikgetriebe ist ein Krampf, wenn man den Schalthebel rechts mit der linken Hand bedient! Eine Schulung zu halten, wenn man keinen Akkuschrauber halten, oder bedienen kann auch. Gut, dass die Jungs und das Mädel vom Fach sind. Es reichen gute Erklärungen und sie machen, was ich sage. Wieso klappt das zu Hause eigentlich nicht? 🤔 Sollte ich vielleicht mal drüber nachdenken! ... wenn ich Zeit hab 😉
Inzwischen ist es recht gut abgeklungen, ich bin selber überrascht, das es eigentlich minütlich besser wird. Sollte ich aus Versehen, vielleicht doch mal die richtige Salbe eingepackt haben?
Da ich mir aber nun so gar nix zum handarbeiten eingepackt habe, werde ich mich selber wieder zeitig ins Bett packen und weiter schmökern. Ist für das Handgelenk nicht das Schlechteste.

Warum ich mich bei meinem Job nicht fehl am Platz fühle, mom? Lies diesen Post, genau darum! Es ist interessant, es ist abwechslungsreich, ich habe nicht nur Europaweit, sondern auch noch ein Stück weiter Menschen kennen gelernt. Ich kann mich mit ihnen unterhalten und erfahre so viel von ihnen. Und die Schulungen, die ich mache, lassen mich nicht nur zeigen, sondern auch lernen... mal andersrum denken, eben weil jemand die gleiche Arbeit anders und deshalb aber nicht falsch macht.
Natürlich könnte ich mir einen Tippsenjob suchen, aber ich hab keinen Bock auf langweilig oder jeden Tag das Gleiche. Ich glaube, da würde ich dran kaputt gehen. Im Moment bin ich mit dem zufrieden, was ich tue und was ich dafür zurück bekomme. Das ist mehr als genug.

Apropos zweifacher Test. Der erste war je meine neue Halskrause aus Sockenwolle, der zweite ein Schal, hehe, für die mom. Kannste schonmal gucken. Er geht nächste Woche auf die Reise. Es ist kein Finnischer Tango, aber finnische Wolle, die ich in der ersten Woche hier gefunden habe. Ich musste sie tatsächlich sehr schnell verarbeiten, damit ich entscheiden kann, Nachschub mitzunehmen, oder nicht. Ich habe beschlossen, eher nicht. Ich habe noch ein zweites Knäuel in Grautönen, da mach ich mir vielleicht nochmal sowas draus... Ich geh nochmal gucken, aber wenn ich keine fetzigen Farben finde, werd ich es lassen.
Was mir sehr gut gefällt, ist die (unbeabsichtigte) symmetrische Farbverteilung in der Länge und mir gefallen die Farben allgemein sehr gut. Er ist auf jeden Fall kuschelig weich, ein kleines bissel geschrumpft, aber immer noch lang genug, um ihn schön altmodisch um den Hals zu legen, nicht son neumodischer Schlupf 😉




2 Kommentare:

  1. Uff, Cara, das war wieder ein Vormittag füllender und sehr interessanter Bericht aus Finnland. Schön, dass Du Zeit finden konntest zu schreiben. Was weiss man denn schon von Finnland?! Um diesen Teil Deines Jobs bist Du echt zu beneiden. Genieße diese abenteuerliche Zeit, das Büro läuft Dir nicht davon. Es wäre natürlich toll, wenn noch ein paar andere Länder in Betracht kämen. So lernt man die Welt auch kennen. Bist sowieso schon ganz schön rumgekommen in der Welt.
    Bis zum Jahresende ist wohl erst mal Ruhe angesagt?
    Liebe Grüße aus Thüringen

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    1. JA, das war vorerst die letzte Fahrt. Für dieses Jahr ist Schluss, nun will jeder zum Jahresende seinen Tisch sauber haben und ich muss beim aufräumen helfen, ist also genug zu tun.
      Dieses Jahr war schon interessant: Schweden, England und 2x Finnland. Letzes Jahr USA und Frankreich. Und die Urlaube mal ausgenommen ;)
      Wenn die ganze Rumfahrerei und Warterei nicht wäre, könnte es fast richtig Spaß machen.

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